Eine Odyssee durch Berlin

2 Wochen, nur noch 2 Wochen! Gerade habe ich noch geschrieben, dass es noch 10 Wochen bis zu unserer Abreise sind, und jetzt, schwuppdiwupp, sind es nur noch 14 Tage. Also wurde es nun Zeit für uns, endlich nach Berlin zu fahren, um unsere Visas zu beantragen. Gesagt getan, auf in die Landeshauptstadt. Unser erster Anlauf, die indische Botschaft am Tiergarten. Dort werden wir direkt an der Pforte wieder weggeschickt, die Visa-Stelle wurde inzwischen outgesourced. 10 Minuten später stehen wir dann vor der richtigen Adresse, sind jedoch nicht viel schlauer. Das indische Visum wird zwar direkt ausgestellt, gilt ab dem Tag der Ausstellung jedoch nur 6 Monate. D.h. 14 Tage zu wenig für uns. Mist. Außerdem darf man zwar mehrmals einreisen, zwischen 2 Einreisen müssen jedoch mindestens 2 Monate liegen. Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn man das weitere Flugticket vorweisen kann. Und auch das haben wir natürlich noch nicht. Na super. Das fängt ja gut an heute.

 

Weiter geht es also zur nächsten Botschaft, der vietnamesischen. Die liegt nicht, wie gedacht, direkt in der Nähe, sondern mal eben 10 Kilometer entfernt, am anderen Ende der Stadt. Gas geben! Ist es doch schon gleich Mittag und mittags schließen die einzelnen Botschaften. Eine halbe Stunde später füllen wir den Antrag aus. Wir sind die einzigen Deutschen und radebrechen uns in Englisch durch das Formular. 224 € bitte, heißt es kurz darauf. Wie bitte? Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf. So viel? "Pay with credit?" Wir ernten einen entrüsteten Blick über die Brille des älteren Vietnamesen. "No, cash." Und nun? Wir fragen nach dem nächsten Geldautomaten. Nein, jetzt sei erst einmal Mittagspause. Er kassiert die Pässe ein, wir sollen heute Nachmittag wiederkommen. Mit Engelszungen und einem bittenden Augenaufschlag gebe ich zu verstehen, dass wir rennen können und schon ist André aus der Tür. Schweißnass und schweratmend stehen wir 5 Minuten später wieder vor dem Schalter. Man hat ein Einsehen mit uns und endlich erhalten wir unseren ersten Visa-Eintrag in den Pass.

 

Mit stolz geschwellter Brust marschieren wir zurück zum Auto. Auf nach Kambodscha. Natürlich liegt Kambodscha nicht wie auf der Landkarte nebenan, sondern wieder mal schlappe 9 Kilometer entfernt. Mit dem Laptop auf dem Schoß und Google Maps vor Augen, lotse ich André zielgerichtet durch die Straßen von Berlin. So viel wie heute haben wir noch nie von der Stadt gesehen. Kambodscha liegt dann direkt in einem Plattenbau-Wohngebiet, ein winziges Häuschen mit Blumenkübeln vor der Tür und nur einem kleinen Messingschild am Tor. Ich steige die Stufen zur Tür hinauf und rüttele an der verschlossenen Tür. Keiner da? Statt dessen ruft ein junger Mann von unten nach uns - die Botschaft ist im Souterrain! Wir werden freudig begrüßt und direkt ins Büro gebeten. Dort füllen wir wieder den obligatorischen Antrag aus. Als wir damit fertig sind, sagt man uns, wir könnten die Pässe kommende Woche abholen. Verdutzt schauen wir uns an und leiern dann wieder unseren Text herunter. Wir brauchen das Visum sofort, kommen extra von weit her, und müssen heute noch auf weitere Botschaften. Hmm. Kurze Denkpause. Dann bitte die Express-Variante für 15 € mehr pro Person. Wir warten kurz im Vorraum, erhalten noch eine Broschüre der kambodschanischen Tourismusbehörde und bekommen dann lächelnd unsere Pässe überreicht. Wir unterhalten uns noch eine Weile mit dem netten Herrn über unseren Urlaub, dann verlassen wir glücklich das Gebäude. Klappe die zweite erledigt.

 

Weiter geht es nach Nepal. 45 Minuten später betreten wir dort einen kleinen Aufenthaltsraum in einem einfachen Mietshaus. Man bittet uns höflich auf der Couch Platz zu nehmen und die Anträge auszufüllen. Gesagt getan, mittlerweile sind wir ja geübt. Auch hier bezahlen wir die Gebühr und sollen kommende Woche wiederkommen. So langsam kennen wir die Prozedur und leiern unseren Text herunter. Nur hier ist es weitaus schwieriger, ist doch angeblich heute keiner mehr da und wir schlichtweg zu spät. Wir schauen uns entnervt an. Mittlerweile ist es nach 15 Uhr und wir wollten doch nach Australien. Auf keinen Fall will ich meinen Pass hier lassen und dann mit der Post zugesendet bekommen. Was ist, wenn der wegkommt? Dann beginnt die ganze Litanei von vorne. Überhaupt hätten wir uns das Ganze nicht so kompliziert vorgestellt. Wenn man jedes Mal seinen Original-Pass dalassen muss und mehrere Tage Bearbeitszeit ins Land gehen, bräuchten wir in Summe 5 Wochen, um sämtliche Visas zu bekommen. Und wie soll man das überhaupt machen, wenn man nicht in Berlin wohnt, per Post bzw. Einschreiben dauert das Ganze ja noch wesentlich länger? Also bitten und betteln wir bis man ein Einsehen mit uns hat und wir 15:30 Uhr mit unseren Pässen und dem Visum auf die Straße hinaus treten.

 

Schade, dass wir bei all dem Stress nichts von der Stadt genießen können. Der Himmel leuchtet blau und die Spree mit den herbstlichen Bäumen ist hübsch anzusehen. Doch Australien wartet nicht auf uns und wir müssen wieder eine riesige Strecke dahin zurücklegen. Dafür werden wir hier dann auch gleich an der Sicherheitskontrolle abgefangen. Heute ist keine Visa-Annahme. Außerdem und überhaupt könne man das viel unkomplizierter online erledigen. Gut zu wissen!

 

Müde und groggy steigen wir wieder ins Auto: Was für eine Odysee durch Berlin. Pankow, Wedding, Tiergarten, Neukölln, Mitte und und und. Heute haben wir die ganze Stadt auf den Kopf gestellt und immerhin 3 von 5 Visas ergattert. Wir blättern durch unsere Pässe und bestaunen all die schönen bunten Stempel. Wenigstens war unser Tag nicht ganz umsonst. Nach dem Indien-Desaster heute Morgen hätte ich mit einer geringeren Ausbeute gerechnet. Aber zum Glück hat sich meine Vorahnung nicht bestätigt. Mein Magen knurrt - es wird Zeit, nach Hause zu fahren!

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