Cerdo?

Es gibt nur 3 Worte, die La Paz beschreiben: Das pralle Leben! Gegen La Paz stinkt selbst Bangkok gewaltig ab. Noch nie haben wir eine Stadt erlebt, die so pulsiert, so vielfältig und so mitreißend ist. Selbst in Havanna haben wir nicht so viel erlebt, wie in ein paar Stunden La Paz. Die Menschen sind faszinierend freundlich und offen (eine Wohltat nach unseren Namibia-Erfahrungen) und selbst mit unseren mehr als schwachen Spanisch-Kenntnissen, öffnen uns die Einheimischen sofort ihr Herz, wenn man versucht, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.

 

Es gibt hier nichts, was es nicht auf der Straße zu kaufen gibt: Kloschüsseln,  Fleisch, Blumen, säckeweise Pasta oder getrocknete Lama-Föten (die Bolivianer sind sehr abergläubisch, wenn man ein Haus baut, muss man einen Lama-Fötus darunter begraben, um die bösen Geister fernzuhalten und die Pacha Mama=Mutter Erde gnädig zu stimmen). Auch sonst gibt es allerhand Kräutleins gegen Gebrechen und Beschwerden und sicher auch um den einen oder anderen Zaubertrank zu brauen. Natürlich darf auch der Mate de Coca (Coca-Tee) nicht fehlen – jener Tee, der uns Ausländer von den Beschwerden der Höhenkrankheit heilen kann. Dazwischen wunderschönes Kunsthandwerk, gewebte Decken, geflochtene Taschen, bunte Schals und filigranen Silberschmuck – all die Sachen, die ich nicht kaufen darf, weil wir ja eh schon zu viel Gepäck haben uns sämtliches ja die kommenden 6 Monate mit uns herumtragen müssen. Feilgeboten von urigen Damen, mit weiten Röcken, wettergegerbten Gesichtern und knorrigen Händen. Auf dem Kopf die Melone, die nicht fehlen darf und darunter lange, schwarze, geflochtene Zöpfe, die oftmals weit über den Rücken reichen. Dazu Panflötenmusik und quietschende kleine Kinder, die auf den Straßen zwischen Autos herumtollen. Das hier keiner überfahren wird, gleicht einem Wunder. Oft warnt nur ein kurzer Hupton vor herannahenden Fahrzeugen und wie sich aus 3 Spuren mittels Hupen zwei oder sogar nur eine auf engstem Raum firmieren, ist mir immernoch ein Rätsel.

 

 

Direkt um die Ecke unseres Hotels ist eine kleine Garküche, die stets vollbesetzt ist. Nach dem sich André bereits den ganzen gestrigen Tag den verführerischen Duft um die Nase wehen lassen hat und wir gestern Abend eine halbe Stunde mit Händen und Füßen versucht haben, herauszufinden, was da so im heißen Öl vor sich hinköchelt, kommen wir heute nicht drum herum, zu kosten. Wir werden schon herangewunken und André wird gleich ein Plätzchen zwischen den netten Damen freigemacht. Dass es sich bei dem frittierten Zeug um Cerdo (Schwein) handelt, haben wir gestern erst herausgefunden, nach dem eine Einheimische das Tier mittels Pantomime dargestellt hat und ich mit einem Grunzen richtig geraten habe. Doch was ist das andere auf dem Teller? André wird lachend in die Mitte genommen und alle reden wild durcheinander auf ihn ein. Offensichtlich handelt es sich bei den Beilagen um eine Art Esskastanien (wir wissen es wirklich nicht und am Geschmack ließ es sich auch nicht erkennen) und Kartoffel/Mais. Vom Aussehen her ist es eine Knoblauchzehe mit Kartoffelgeschmack, sagt André. Dazu gibt es eine „geile Curry-Pampe“ (Zitat André). Ich halte mich dezent zurück, muss nur immer wieder lachen, wie herzlich wir hier aufgenommen werden. Wahrscheinlich ist es eine kleine Sensation, dass sich ein Weißer hierher verirrt und mitisst. Immer mehr Bolivianer stoßen hinzu und lächeln und gestikulieren, dass ich auch probieren soll. Da ich jedoch nicht über einen derartig robusten Magen verfüge, halte ich mich lieber an die leckeren gebackenen Brötchen vom Nachbarstand und rate André dennoch, zurück im Hostel, Yvonnes selbstgebraute Medizin zu verkosten. (@Yvonne: Wir stellen uns jetzt gerade vor, wie Du ganz laut lachst, André hat ganz schön das Gesicht verzogen ;-))

 

Morgen früh geht es nun schon mit dem Bus in Richtung Cusco. La Paz wird uns jetzt schon fehlen.

 

PS: Mehr Fotos von La Paz gibt`s in der Fotogalerie!

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Kommentare: 2
  • #1

    Sylvia (Freitag, 19 November 2010 14:06)

    Danke für den supertollen Bericht von La Paz. Als ich ihn gelesen habe, dachte ich wirklich, dass ich neben Euch stehe. Und ich freue mich natürlich sehr für Dich Jana, dass Du nun endlich viele Fotos von Einheimischen machen konntest, nachdem Du in Namibia so "darben" musstest. Außerdem bin ich megastolz auf Dich, dass Du im Bericht geschrieben hast, dass Du all die schönen Sachen, die am Straßenrand verkauft werden nicht mitnehmen kannst. :-) Seid Ihr denn schon einige Spenden losgeworden, so dass Eure Rucksäcke etwas leichter sind? Ganz liebe Grüße aus Dresden! Sylvia und Falk!

  • #2

    Peter Avemark (Freitag, 19 November 2010 17:26)

    Habe heute Eure Seite entdeckt und möchte Euch viel Erfolg wünschen. Der Spaß ist ja sicher. Freue mich auf die nächsten Berichte und Bilder. MfG Peter aus Radeberg