Willkommen in der trockensten Stadt der Welt

Dank des herrlich bequemen und luxeriösen Nachtbusses von Cruz del Sur kommen wir am Morgen des 27.11. halbwegs ausgeschlafen in Arequipa an. Die Organisation ist gut und wir können fast nahtlos in den nächsten Bus in Richtung Tacna und chilenische Grenze umsteigen. Die Fahrt ab hier dauert noch einmal 6 Stunden ist einfach nur laaaaaaaaaangweilig! Nix außer Wüste, Wüste und nochmals Wüste, dazwischen ein paar Straßenkontrollen, bei denen wir kurz aus dem Bus aussteigen müssen, um unser Gepäck durchleuchten zu lassen. Chile hat extreme Vorschriften, was die Einfuhr von Obst, Gemüse und anderen tierischen Produkten angeht.

 

In Tacna am Terminal dann das blanke Chaos. Von hier sind es noch ca. 30 Kilometer bis zur Grenze und laut Reiseführer soll man sich einfach ein Collectivo (Sammeltaxi) schnappen. Per Bus dauert der Grenzübergang angeblich bis zu mehreren Stunden, da sämtliches Gepäck stundenlang gefilzt wird.

 

Gesagt getan. Nur müssen wir erst einmal mit dem gesamten Gepäck vom Internationalen Busterminal  ins nationale. Das liegt zum Glück auf der anderen Straßenseite, und es herrscht noch mehr hektisches Treiben. Dutzende kleine Agenturen überschlagen sich in der Werbung für ihr Unternehmen und wir werden wieder von allen Seiten wild durcheinander angesprochen. Bevor wir ins erstbeste Taxi steigen, bitte ich André erst einmal um Bedenkzeit. Wir schauen uns um, welcher Schalter am besten besucht ist und mir fällt ein junges Pärchen auf, welches ebenfalls ziellos durch`s Terminal irrt. Ich wittere sofort unsere Chance und spreche sie auf Englisch an. Wir haben Glück: Die beiden kommen aus Uruguay und wollen ebenfalls nach Arica. So können wir uns ein Taxi teilen und müssen nicht mit Wildfremden in ein Auto steigen. Das Mädchen spricht sogar recht gut Englisch und die Tatsache, dass wir 2 Mitfahrer haben, die spanische Muttersprachler sind, wird uns noch sehr zu Gute kommen, wie wir später merken werden.

 

Für 7 $ werden wir dann fündig und rasen kurze Zeit später zu sechst in einem kleinen PKW der chilenischen Grenze entgegen. Der Fahrer spricht natürlich nur Spanisch und die Uruguayerin dolmetscht so gut es geht. An der Grenze dann das übliche Prozedere: Aussteigen, Ausreisestempel holen, Einsteigen, 100 Meter fahren, Aussteigen, Einreisestempel holen, Gepäck durchleuchten, Einsteigen und schon sind wir in Chile. Olá!

 

Am Busterminal in Arica ist dann Schluss. Um zum Hostel zu kommen, müssen wir uns ein nationales Taxi nehmen und kein internationales (!!!). Dank unser beiden Mitreisenden werden wir schnell fündig, wir verfrachten das Gepäck in den Kofferraum und ab geht die Fahrt: Nur, wie sich 5 Minuten später unterwegs herausstellt, weiß die Fahrerin gar nicht, wo die Adresse des Hostels ist. Sie lamentiert und gestikuliert lautstark eine Stunde, während sie uns immer wild um den Block fährt. Die angegebene Gegend sei zu gefährlich, außerdem wüsste sie nicht wo die Straße ist etc. (Alles auf Spanisch versteht sich). André und ich glotzen wie ein Schwein ins Uhrwerk. Wir verstehen kein Wort, sind hundemüde und wollen nur noch in ein Bett. Schließlich steigen wir an einem Internetcafé aus und ich googele noch einmal die genaue Adresse.

 

Ein Polizist weiß schließlich den Weg und kurze Zeit und ein Taxi später stehen wir vor einem heruntergekommenen Haus inmitten einer übelsten Gegend. So viel zum Thema Verlass auf einen Reiseführer. Angeblich sollte dieses Hostel der Tipp schlechthin sein. Ich lasse mir das Zimmer zeigen, welches tatsächlich direkt von der Gemeinschaftsküche abgeht! Die Frau spricht mal wieder kein Wort Englisch und genervt steige ich zurück ins Taxi. Wir bitten den Fahrer, uns zu einem vernünftigen Hotel zu fahren und so klappern wir diverse Etablissements ab, die entweder zu teuer oder zu schmutzig sind. Irgendwann reicht es dem Uruguayer und wir nehmen das nächstbeste am Straßenrand. Auch hier wird am Empfang kein Wort Englisch gesprochen und obwohl mir nicht wohl bei der Sache ist, bin ich etwas beruhigt, dass die beiden bei uns sind und dolmetschen können.

 

Arica ist wirklich das letzte Pflaster! Nach dem wir unser Zimmer bezogen haben, wollen wir noch schnell Geld abheben und etwas zu Essen kaufen. Nicht mal in der Bank kommt man mit Englisch weiter. Nach dutzenden Versuchen am Geldautomaten warten wir ab, bis ein Einheimischer kommt und fragen diesen auf Spanisch. Es ist zum Haare raufen! André hat mittlerweile rasende Kopfschmerzen und so springen wir nur noch schnell ins nahegelegene Mc Donalds auf einen Burger und eine Cola zum Mitnehmen.

 

Zurück im Hotel storniere ich dann erstmal die für übermorgen gebuchte Lauca-Tour. Die letzten Tage waren einfach zu viel für uns. Und morgen müssen wir dann halt auf neue Hostel-Suche gehen. Dank der chilenischen Agentur, mit der ich bereits per Mail Kontakt hatte, haben wir zumindest eine Englisch-sprechende Kontaktperson in Arica. Diese gibt mir dann auch eine Hosteladresse für morgen durch. Augen zu und durch – diese Nacht müssen wir durchhalten. Auch wenn das Hotel direkt an der Hauptpartymeile zu liegen scheint.

 

Am nächsten Morgen sieht die Welt schon viel besser aus. André geht es wieder gut und wir packen unsere Sachen und nehmen uns das nächste Taxi zum empfohlenen Hostel. Tatsächlich haben wir dieses Mal Glück und die Zimmer machen einen netten Eindruck und am Empfang wird sogar Englisch gesprochen. Ich bin schwer erleichtert und wir buchen das Doppelzimmer gleich für 2 Nächte. Beim Einchecken stellt sich noch heraus, dass das Mädel Deutsche ist und zur Zeit hier im Hostel jobbt. Sie macht uns erst einmal ein Sandwich für unsere hungrigen Mägen und wir fühlen uns gleich viel wohler.

Die Open-Air Küche im Arica Surf House Hostel
Die Open-Air Küche im Arica Surf House Hostel

Nach dem wir dann auch noch einen Supermarkt um die Ecke haben (der erste seit 2 Wochen) sind wir überglücklich. Endlich wieder richtiges, gesundes Essen, Brot mit Tomate und vor allem: richtiger Käse! Mit zahlreichen Plastetüten wandern wir zurück ins Hostel und weihen gleich einmal die Gemeinschaftsküche ein (auch die erste in einem unserer zahlreichen südamerikanischen Hostels). Beim Essen kommen wir noch mit 2 Amerikanern aus Oregon ins Gespräch und tauschen uns über die lokalen Besonderheiten aus.

 

Wie es jemandem freiwillig in diese Stadt zieht, ist uns dennoch ein Rätsel. Ich zitiere kurz zwei treffende Sätze aus dem Reiseführer: „Die dekorativen Hibiskusbüsche in den Straßen können das Flair der reichlich verlotterten Grenzstadt nur schlecht verbergen. Ohne den Strandtourismus und gelegentlich anlegende Kreuzfahrtschiffe wäre Arica verloren“. Arica hat nichts, aber wirklich rein gar nichts, zu bieten. Außer das hier einmal einer der Austragungsorte der Fußball-WM 1966 war und die kargen, schmutzigen Strände angeblich gut zum Surfen sind – wollen wir nur wieder weg. Zum Glück geht es morgen Abend schon weiter in Richtung San Pedro de Atacama!

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Kommentare: 1
  • #1

    Christin (Montag, 29 November 2010 19:27)

    Uihuihui, da frage ich mich: WIESO habt ihr euch diese Stadt ausgesucht? Ihr armen Mäuse. Wegen dem Supermarkt, stimmts :-)

    Ich wünsche euch weiter viel Spaß und etwas weniger Aufregung. Dicken Kuss und bis bald.