Spucke - ein Kulturgut?

Das erste, an das ich mich während unserer Hongkong-Tage erinnere, ist die Busfahrt vom Flughafen ins Zentrum. Sylvia und Falk, unsere Freunde, die uns diese Woche in Hongkong besuchen wollten, haben uns vom Airport abgeholt und wir haben uns riesig gefreut, endlich wieder einmal vertraute Gesichter zu sehen. Während der Busfahrt gab es also viel zu erzählen, draußen flogen Hochhäuser vorbei, wie sie Gorbitz oder Reick entsprungen sein könnten, uns gegenüber ein alter Chinese, der, den Kopf ans Fenster gelehnt, vor sich hindöste. Während wir also so redeten und lachten, blickte ich plötzlich auf den alten Mann, als sich ein riesiger Spucke-Tropfen aus seinem Mundwinkel löste und wie im Zeitlupentempo auf seine Hose tropfte. Lecker oder? Klar ist das sicherlich schon jedem einmal passiert, man döst irgendwie kurz weg, auf dem Sofa oder so, und wenn man irgendwann später wieder aufwacht, ist ein nasser Fleck auf dem Kissen. Dann wischt man sich beschämt einmal mit der Hand über den Mund und dreht das Kissen mit dem Fleck nach hinten. Aber man sabbert doch nicht im Bus vor fremden Leuten!!! In Tokyo ist das Keinem passiert, und die haben überall geschlafen. Besagter Spuckefaden zog sich also im wahrsten Sinne des Wortes durch unsere Hongkong-Woche. Die Chinesen sind ganz groß im Herumspucken. Dazu sammeln sie stundenlang ihren Nasenschleim, ziehen ihn so richtig von hinten hoch, formen im Mund einen Spuckeklumpen, auf dem sie dann gut und gerne ein paar Minuten herumkauen, ehe sie ihn dann, in einem vermeintlich unbeobachteten Moment loswerden. Oder auch nicht. Dann halt vor vielen Zuschauern. Das kann dann aus dem fahrenden Busfenster (Gnade dem, der gerade draußen auf dem Bürgersteig steht oder mit seinem Auto vorbeifährt) oder wahlweise in einen Papierkorb oder ins Klo sein (letzteres ist wohl eher die Ausnahme). Man könnte jetzt sagen, das sei Teil ihrer Kultur, aber ich weigere mich einfach, Spucke als Kulturgut zu bezeichnen. Was bleibt noch über die Chinesen zu sagen? Nun ja, wenn man unfreundlich, dreckig, laut wegnimmt, bleibt leider nicht mehr viel übrig. Nach einer Woche in Hongkong kann ich mich an kaum eine freundliche Bedienung erinnern und kann nur wenig positive Beispiele der Bevölkerung aufzählen. Okay, ein junger Mann hat uns freundlicherweise im Bus seinen Platz überlassen, damit André und ich zusammen sitzen konnten, und unsere Hostel-Mutter war super herzlich und hilfsbereit aber dabei hört es beinahe schon auf. Wir sind sogar auf so etwas wie Ausländerfeindlichkeit gestoßen, als man uns in einem einheimischen Restaurant keinen Platz geben wollte, statt dessen alle anderen Chinesen einen Tisch vor uns bekommen haben. Aber so weit will ich mal gar nicht gehen. Fakt ist, wer aus Tokyo kommt, wird von Hongkong schwer enttäuscht sein. Die Straßen sind laut und dreckig, ständig wird man immer und überall von der Seite angequatscht: „Madame, Handbags, Gucci, Prada?“, „Mister, Watches, Rolex, Tudor, Suits?“ Nein, verdammt, wir wollen weder gefakte Handtaschen noch Uhren kaufen und nein, wir wollen uns auch keinen Anzug schneidern lassen. Wir wollen einfach nur in Ruhe durch die Straßen gehen. Aber das ist in Hongkong einfach unmöglich. Und wenn es nicht gerade Taschen und Uhren sind, dann halt Massagen. Oder Kosmetik. Zum Teil werden die Leute dann auch noch handgreiflich und nicht selten mussten wir uns mit einem deutlichen „Don`t touch me!“ wehren.

Zu viert in Hongkong
Zu viert in Hongkong

Okay, vielleicht waren unsere Ansprüche nach Tokyo ein wenig hoch gesteckt, und okay, vielleicht mussten wir uns erst wieder auf normales asiatisches Niveau herunterwagen, es hat jedenfalls eine ganze Weile gedauert, ehe wir Hongkong etwas halbwegs Gutes abgewinnen konnten. Dass die ganze Woche dann trotzdem hammercool wurde, haben wir jedenfalls Sylvia und Falk zu verdanken, endlich wieder zu viert unterwegs zu sein, war herrlich. Nach 3 Monaten oberflächlicher Gespräche mit anderen Travellern und flüchtigen Begegnungen gefolgt von noch flüchtigeren Verabschiedungen, eine echte Wohltat! Danke Euch beiden noch einmal an dieser Stelle, dass ihr uns besucht habt, und wir diese Woche gerock(hong)t haben! Wir haben jedenfalls keine Minute verschwendet und die komplette Stadt auf den Kopf gestellt, uns sozusagen mitten ins pralle chinesische Leben gestürzt. Aber lest selbst in den nächsten Artikeln!

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Kommentare: 1
  • #1

    Christin (Freitag, 11 März 2011 08:18)

    Ach schön, dass ihr vier so nen Spaß hattet. Die letzten Wochen übersteht ihr nun auch noch allein. Und dann werdt ihr euch vor Gesprächen gar nicht mehr einkriegen :-) Na ob euch das dann gefällt...

    Spucken find ich auch ekelhaft. man muss ja hier schon mancher Aule ausweichen und versuchen, nicht reinzutreten...

    Viele liebe Grüße und bis ganz bald
    Christin und die anderen beiden