Annapurna und Tigertatzen

Unsere zweite und letzte Woche in Nepal neigt sich dem Ende entgegen. Nach unserer Tibet-Woche haben wir endlich wieder vernünftiges Essen zwischen die Kiemen bekommen und fühlen uns nun gewappnet für unser Indien-Abenteuer. Die letzten Tage waren noch einmal spannend und erlebnisreich. Nach dem wir in unserer ersten Nepal-Woche vorwiegend die Gegend in und um Kathmandu erkundet haben, ging es die letzte Woche nun zu den etwas weiter entfernten Regionen Pokhara, Lumbini und in den Chitwan Nationalpark. Aufgrund der Straßenbedingungen bedeutete das viele Stunden Fahrtzeit, zum Glück war die Landschaft jedoch stets so abwechslungsreich, dass die Zeit im Nu verflogen ist.

Reisfelder am Wegesrand
Reisfelder am Wegesrand

Erste Station von Kathmandu aus kommend war noch am letzten Sonntag, Pokhara. Das malerische Örtchen zu Fuß des Annapurna-Massivs ist Ausgangsort für viele mehrtägige Trekkingtouren, gleichzeitig ist es jedoch auch durch sein mildes Klima und die Lage am Fewa-See ein beliebter Ferienort für Nepalesen. Für uns hieß das: Raus aus den Winterklamotten und rein in die Sandalen. Was für ein Temperaturunterschied binnen eines Tages. Waren in Lhasa noch um die 0° erwarteten uns bei unserer Ankunft Kathmandu bereits an die 30°, was sich dann die 7 Stunden Fahrzeit bis Pokhara durchzog. In Pokhara angekommen, war die Überraschung groß: Ein wunderschönes neues Hotel mit einem großen Zimmer (wenn man von der Ameisenstraße im Bad und der riesigen, 8 Zentimeter großen, Kakerlake auf dem Fußboden absieht). Was mich in Florida zu Beginn unserer Reise noch völlig aus der Fassung gebracht hätte (ihr erinnert Euch an das Kakerlaken-Intermezzo in Florida City im Motel Budget Inn?), ist für uns abgebrühte Traveller jetzt nicht mal mehr ein Achselzucken wert. Wir haben die Nacht geschlafen wie ein Stein. Am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück ging es dann auch direkt zum Fewa-See, wo eine wunderschöne Bootsfahrt auf uns wartete.

Unterwegs auf dem Fewa-See
Unterwegs auf dem Fewa-See

Im Licht der ersten Sonnenstrahlen des Tages gondelten wir eine halbe Stunde in Richtung Varahi Mandir-Tempel, welcher auf einer kleinen Insel mitten im See liegt. Dort erwartete uns schon ein buntes Hindu-Treiben, zahlreiche in bunte Saris gehüllte Frauen standen bereits Schlange, um Opfergaben zu bringen. Die Rückkehr aus Tibet dabei eine echte Wohltat. Überall lachte man uns freundlich an und jeder grüßte uns mit einem überschwänglichen „Namaste“. Dabei ging es weder gekünstelt zu, noch erwartete man Geld von uns, im Gegenteil, die Freude der Einheimischen, uns als Touristen zu sehen, war absolut echt und herzlich!

Varahi Mandir Tempel
Varahi Mandir Tempel

Von der anderen Seite des Sees begann unser Aufstieg zur Friedensstupa auf einer Höhe von 1.100 Metern über dem Meeresspiegel. Nach dem unser Blut noch genug rote Blutkörperchen als Überschuss der Höhenkrankheit in petto hatte, waren die Stufen für uns ja beinahe ein Kinderspiel. Sasi, unser Reiseleiter musste schon ganz schön hinter uns herschnaufen. Oben angekommen ein traumhafter Blick über den Fewa-See, nur leider ohne das vielgerühmte Panorama des Annapurna, die Berge hingen mal wieder in den Wolken. Dafür waren dutzende Paraglider unterwegs – der neue Trend in Nepal. Die Stupa (World Peace Pagoda) an sich nagelneu und blendend weiß, gebaut 1999 von buddhistischen Mönchen aus Japan.

Die World Peace Stupa
Die World Peace Stupa

Von hier stiegen wir wieder Richtung Pokhara ab, einen hübschen kleinen Hangweg mit bunten Häuschen und noch mehr freundlichen Menschen. Überall waren wir die Sensation und als wir ein kleines Bergfest anlässlich des anstehenden nepalesischen Neujahrs erreichten (2 Ziegen wurden extra geschlachtet), wurden wir spontan eingeladen, mitzufeiern. Wir wurden in die Mitte genommen und bekamen einen Teller, gemacht aus Blättern, gereicht. Darauf wurden uns süße Linsen und Reis serviert, der mit den Fingern gegessen wird. Wir waren gerührt und bedankten uns herzlich. Die Gastfreundschaft der Nepalesen ist wirklich etwas ganz Besonderes. Die Kinder umzingelten uns und ich durfte, und sollte sogar, alle fotografieren! Ein Mann bat mich regelrecht darum und setzte sich extra in Pose – als er das Ergebnis auf dem Display sah, freute er sich wie ein Kind zu Weihnachten. Wir waren einfach nur happy, wieder in Nepal zu sein und so schönes Wetter zu haben.

Essensausgabe :-)
Essensausgabe :-)

Am Ende des Abstiegs wartete noch ein kleiner Wasserfall auf uns (Devi`s Falls)– Highlight ist dabei ein Wunschbrunnen, in den man Münzen werfen muss. Wenn die Münzen dabei auf einer kleinen Statue im Wasser liegen bleiben, geht der Wunsch in Erfüllung. Das Ganze ist gar nicht so einfach und ich hing geschlagene 30 Minuten über dem Becken, um die Technik der Einheimischen zu studieren. Trotz dessen gelang es mir am Ende nicht, die Münzen richtig zu platzieren. Das Wasser machte den Tauchgang der Münze unvorhersehbar. Sie wirbelte immer wieder hin und her, um die Statue dann ganz knapp zu verfehlen. „Und was wird nun aus meinem Wunsch???“ fragte ich mich. Nach dem Mittagessen besichtigten wir noch den Bindya-Vasini-Tempel, den bekanntesten Hindu-Tempel der Stadt und bummelten über den örtlichen Bazar. Auch hier fanden überall Straßenfeste zum Neujahr statt, und wieder wurden wir herzlich eingeladen, mitzufeiern.

Ausgelassene Stimmung zum Neujahrsfest
Ausgelassene Stimmung zum Neujahrsfest

Den Abend in Pokhara verbrachten wir dann ganz standesgemäß beim Italiener. Pokhara hat nämlich dutzende Pizza-Restaurants. Wir stopften uns mit Hühnerbrust, Kartoffelbrei und Möhren voll – auf einheimische Essens-Experimente haben wir zur Zeit irgendwie keine richtige Lust mehr. Immer wieder erwischen wir uns in den vergangenen Tagen, wie wir von deutschen Fleischer-Theken voll von Hackepeter, Cabanossis, Fleischsalat und Aufschnitt träumen. Aber da müssen wir leider noch ein paar Wochen durchhalten und nicht mal die „German Bakery“ in Pokhara konnte uns das kulinarische Heimweh nehmen. Ich weiß jetzt schon, dass der erste Besuch beim Bäcker und Fleischer zu Hause eine einzige Völlerei werden wird! Schon komisch, dass die Dinge, die man mit am meisten auf Reisen vermisst (neben der Familie und den Freunden natürlich) ganz banale sind, wie eine stinknormale Käseschnitte von Oma!

Diese Trucks finden sich überall in Nepal
Diese Trucks finden sich überall in Nepal

Nach 2 Tagen Toskana-Feeling in Pokhara ging es für uns weiter nach Lumbini, dem Geburtsort Buddhas. Unser Hotel auch hier ein kleines Juwel: Eine winzige Lodge mitten in einem riesigen Garten. Dafür hatten wir uns die Stelle, an der Buddha geboren wird, weitaus aufregender vorgestellt. Den Bodhi-Baum, unter dem alles geschehen ist, gibt es längst nicht mehr, dafür hat man an der Stelle ein einfaches steinernes Gebäude errichtet, in dem alte Mauerreste von früheren Klöstern aufbewahrt werden. Dafür wird der am nächsten stehende Bodhi-Baum euphorisch gehuldigt. Dutzende Pilger liegen und sitzen drum herum, dazwischen Mönche, während einer von ihnen via Megafon Mantras in den Himmel betet. Na gut, das hatten wir uns jetzt wieder mal etwas spiritueller gedacht, ohne das Heiligtum des Buddhismus an dieser Stelle beleidigen zu wollen. Ich hätte dann doch lieber an der Originalstelle einen neuen Baum gepflanzt, irgendwie hätte ich das greifbarer und schöner gefunden. Buddha selbst übrigens, an dieser Stelle kurz zur Erläuterung aufgeführt, wurde als Bürgerlicher Siddharta Gautama, Sohn eines Königs geboren. Nach seiner Geburt unter besagtem Baum wandelte er sieben Schritte auf Lotusblüten. Im Alter von 29 Jahren entsagte er jeglichen materiellen Werte und lebte fortan mehrere Jahre in Askese und später in tiefer Meditation. Mit 35 gelang ihm schließlich, wieder unter dem Bodhi-Baum, die Erleuchtung, er wurde zum Buddha, dem „Erwachten“ und Begründer des Buddhismus.

Bodhi-Baum mit Gebetsfahnen
Bodhi-Baum mit Gebetsfahnen

Von Lumbini führte uns die Reise dann schlussendlich in den Chitwan-Nationalpark (Chitwan = Das Herz des Dschungels), das Natur-Wahrzeichen Nepals. 2 Tage ganz im Zeichen der Tierbeobachtung erwarteten uns: Vögel, Elefanten, Nashörner und vielleicht sogar Tiger hatte man uns prophezeit. Nach unseren ersten in Namibia gesammelten Safari-Erfahrungen sollten wir hier das komplette Gegenteil erleben: Dschungel pur anstelle von Wüste. Bereits am ersten Abend ging es auf zu einem Dschungel-Walk, mit uns eine super nette indische Familie mit kleiner Tochter, die wir sofort ins Herz geschlossen haben. Die Tour führte uns zwei Stunden durch dichtesten nepalesischen Urwald – außer ein paar riesigen Haufen gab es jedoch noch keine Tiere zu sehen. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichten wir den Fluss, an dem alles für den Sundowner eingedeckt war. Herrlich chillig standen Liegestühle herum, dazu Café del Mar Mucke und Cocktails – Puro Beach Feeling in Nepal. Das aktuelle nepalesische Neujahrsfest sollte heute seinen Höhepunkt erreichen und passenderweise hatten Sasis Freunde zu einer kleinen Party am Fluss geladen. Wir wurden natürlich prompt mit dazu gebeten und fanden uns wenig später inmitten von tanzenden Nepalesen die bei ausgelassener Stimmung einen Whiskey und Gin nach dem anderen becherten – da durften wir natürlich nicht ablehnen. Bei ein paar Chilischoten, Knabbereien und noch mehr Alkohol wurden wir einfach als Teil der Familie mitgefeiert. Ein toller Abend!

Der letzte nepalesische Sonnenuntergang im Jahr 2067
Der letzte nepalesische Sonnenuntergang im Jahr 2067

Am nächsten Morgen hieß es dann super zeitig aufstehen. Direkt nach dem Frühstück wartete eine ein-stündige Kanufahrt auf dem Fluss auf uns. Im Einbaum paddelte man uns durch den Nationalpark, um uns eine magische Morgenstimmung, nichts als Stille, gespickt mit ein paar Vogelstimmen und hin und wieder ein paar Krokodile am Ufer. Wieder an Land hatten wir das Glück, die Elefanten-Aufzuchtstation besuchen zu dürfen. Und das Besondere hier: Aktuell gibt es Elefantenzwillinge zu bestaunen. Man muss dazu sagen, Zwillingsgeburten sind bei Elefanten ausgesprochen selten! Eine kleine Sensation also! Die beiden Jungbullen sind inzwischen ca. 30 Monate alt und hielten ihre Mutter ganz schön auf Trab. Der nächste Dschungel-Walk führte uns dann zu diversen Wasserlöchern – leider auch hier ohne Erfolg. Bis auf etwas Wild und noch mehr Vögel, hielten sich die größeren Tiere weiterhin vor uns versteckt. Am Ende wartete dafür ein Besuch eines Tharu-Dorfes. Die Menschen leben hier noch dermaßen ursprünglich, nur in einfachsten Holzhütten, das man sich schon etwas daneben vorkommt, im Jeep durch`s Dorf chauffiert zu werden. Nach dem Mittag dann jedoch das Highlight unseres Aufenthaltes im Chitwan-Nationalpark: Die Elefantensafari. Auf dem Rücken der riesigen Tiere ging es ab in den Urwald, und zwar mitten in den Busch, nicht wie in Namibia auf der Straße. Durch die Elefanten konnten wir unmittelbar ins Dickicht eintauchen und hatten natürlich von deren Rücken eine viel bessere Sicht. Und ja, natürlich fühlt man sich nicht zuletzt auch ein ganzes Stück sicheres, falls vielleicht ja doch ein Tiger um die nächste Ecke kommt. Das Glück war uns am Ende zwar nicht vergönnt, dafür hatten wir das großartige Erlebnis, Panzernashörner bei Tag zu sehen. Mitten auf einer kleinen Lichtung graste eine Mutter mit ihrem Baby. Unser Elefant konnte ganz dicht heranlaufen, wir waren nur etwa 2 Meter von ihnen entfernt und beide ließen sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Der Wahnsinn! Diesen Moment werden wir wohl ewig in unserem Gedächtnis behalten.

In 5 Fahrtstunden ging es nun gestern zurück nach Kathmandu. Entlang des Trisuli-Flusses wieder Bergdörfer und Landschafspanoramen. Noch eine letzte Nacht in Thamel und wieder sind 3 Wochen weg, wieder 2 Länder abgehakt. Man merkt, dass sich unsere 6 Monate Reise dem Ende nähern. Immer schneller rennen die Tage dahin, gerade waren wir noch in Hanoi, jetzt fliegen wir schon wieder nach Delhi. Let`s go India!

 

Alle weiteren Pics gibt`s hier.

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Kommentare: 3
  • #1

    Sylvia (Sonntag, 17 April 2011 20:37)

    In 3 Wochen seit Ihr wieder hier und könnt Schwarzbrot mit Käse bis zum umfallen essen. Das Nashornerlebnis war ja der Kracher schlechthin! Ich habe genau gehört was André gesagt hat *grins*. Das Kleine ist ja soooo süß!!!! Im Dresdner Zoo gibts grad ein kleines Kamel und der Uhu brütet auch unter http://webcam.pixtura.de/SWR_UHU/

  • #2

    Jonas (Dienstag, 19 April 2011 21:14)

    Jackson ist auch für ein Nashorn bei euch! Aber das wird ihm zu langsam sein, der will doch immer nur rumflitzen und sich gegenseitig jagen.
    Osterwoche ist ruhig, nebenbei mache ich ein wenig was für die Uni und sehe eben, dass Dynamo 3:0 in Bremen gewonnen hat. Soll es doch noch was werden? Na, die anderen spielen morgen und noch sind es vier Spiele...

    Bis die Tage!
    Jonas

  • #3

    Dirk vom Eckberg ;) (Mittwoch, 20 April 2011 13:03)

    Also ich muss sagen ich bin einfach nur begeistert!!! BITTE!! Schreib doch ein Buch darüber!! ;) Man leidet und freut sich einfach mit euch....
    Aber es wird wahrscheinlich Zeit das ihr wieder heimkehrt.... Mutter Striegler ist schon ganz aufgeregt!!!! *feix*

    Liebe Grüße......