Real Life in India

Was das wahre Leben in Indien wirklich ausmacht, abseits der Touristenpfade, abseits von märchenhaften Palästen, prunkvollen Schlössern und 5 Sterne Hotels, ist für uns als Europäer schwer vorstellbar, geschweige denn zu verdauen. Das es in ländlichen Regionen an der Tagesordnung ist, dass es keine medizinische Versorgung gibt, nicht ausreichend zu essen, keine Chancen auf Schule oder Ausbildung. Dass 15-jährige Mädchen an den nächstbesten Trunkenbold verheiratet werden und so mit 16 Jahren ihr erstes Kind bekommen. Das Frauen sämtliche Arbeiten verrichten, inkl. Hausarbeit, Kindererziehung, Bauarbeiten/Reparaturen am Haus, Wasserbesorgung, Landwirtschaft, während viele indische Männer nur herumlungern und trinken. Das Mädchen generell nicht viel wert sind, es in besseren Kreisen immer noch üblich ist, vor der Geburt eine „natürliche Auslese“ vorzunehmen, das heißt, bereits während der Schwangerschaft zu ermitteln, ob es ein Mädchen oder Junge wird und in vielen Fällen Mädchen knallhart abgetrieben werden (jährlich ca. 900.000 weibliche Föten!). Weil die Eltern des Mädchens die komplette Aussteuer tragen müssen und das Mädchen nach der Hochzeit seine eigene Familie verlässt, um mit der ihres Mannes zu leben. Das alles sind Tatsachen, vor denen man als Indien-Reisender nur schwer die Augen verschließen kann und die einem stellenweise vor Wut Tränen in die Augen treiben. In keinem Land liegen Armut und Reichtum so eng beieinander und in keinem Land würde die Bevölkerung mit dieser Situation so friedlich umgehen wie hier. Dank des Hinduismus nimmt man seine Situation lieber an und macht das Beste daraus, als sich mit Gewalt mehr zu holen, als einem laut Kastenzugehörigkeit zusteht. Und so haben wir Frauen und Mädchen getroffen, die die Last ihres Lebens so tapfer tragen und uns dabei noch so freundlich, offenherzig und, vor allem, neidlos begegnet sind. Frauen, die mit 4, 5 oder mehr Kindern in Hütten aus Ästen leben, zusammen mit Schweinen und Ziegen, auf dem Lehmboden kochen und schlafen, während es im Winter bis zu 0° werden kann. Die Kindersterblichkeit beträgt in solchen Dörfern 50-60%! Es gibt keine Geburtenregister, und, wenn tatsächlich ein Kind stirbt, dürfen die Frauen nicht einmal bei der Beerdigung dabei sein. Da mag einem das Wort „Sklaverei“ in den Sinn kommen, wenn man ohnmächtig und fassungslos vor diesen starken Frauen steht, deren Hände gegerbt von der harten Arbeit sind und deren Gesichter und Augen einem unter die Haut gehen. Wir, die wir uns über solche Banalitäten wie schlechtes Wetter beklagen. Ja, die Deutschen sind gut im wehklagen und lamentieren und all diesen Menschen, die sich so gerne selbst bemitleiden (und davon möchte ich mich selbst nicht ausnehmen), möchte ich eines sagen: Bevor ihr weiter jammert, weil Euer Fernseher, Auto, Haus, Konto nicht groß genug ist, fahrt lieber nach Indien und tut etwas Gutes! Sammelt zum Beispiel Kleider, die bei Euch eh nur ungetragen im Schrank hängen. Oder kauft den armen Menschen etwas zu Essen. In Indien fehlt es an Allem! Und nichts ist schöner, als diesen Menschen ein Lächeln auf ihre Gesichter zu zaubern. Zum Beispiel auch, wenn man einfach mal aus dem Auto aussteigt und mit anpackt. Das haben wir getan, und wenn es auch nur für den Bruchteil von ein paar Minuten war, sich die Zeit zu nehmen, um Seite an Seite mit den Einheimischen deren tägliche Arbeit zu verrichten, hat uns mehr gegeben, als alle materiellen Souvenirs unserer Reise.

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Kommentare: 2
  • #1

    Sylvia (Freitag, 06 Mai 2011 21:41)

    Ein sehr bewegender Artikel, vielen Dank dafür!

  • #2

    Eveline Reinke (Sonntag, 19 Juni 2011 19:40)

    Wie kann ich Kleidung dahinkommen lassen? Ich meine speziell dahin?
    schreibt mir unter
    reinkeinformations@yahoo.de
    oder hier antworten .
    Danke